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Wahrscheinlich leben wir selbst in einer Simulation

Das dritte Szenario beschreibt eine Zukunft, in der solche Simulationen technologisch möglich sind und von der Menschheit durchgeführt werden. Wenn dem so sein sollte, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass einige der simulierten Welten selbst dazu fähig werden, neue Simulationen zu erschaffen und auszuführen. Folglich leben wir wahrscheinlich in einer Simulation, und die Erschaffer unserer Simulation leben vermutlich auch in einer Simulation. Es ist laut dieser Hypothese sehr unwahrscheinlich, dass wir in der einen, ursprünglichen, physischen, nicht-simulierten Welt leben.

part4:

Was folgt aus der Simulationstheorie?

Nick Bostrom schlussfolgert daraus, dass entweder vor uns Zivilisationen Simulationen erschaffen haben und wir somit höchstwahrscheinlich in einer Simulation existieren – oder keine Zivilisation es zuvor geschafft hat, Simulationen auszuführen, weil sie sich davor wahrscheinlich selbst vernichtet hat, was in diesem Fall auch uns vermutlich passieren würde.

Sobald eine Zivilisation die Fähigkeit erlangt, Ahnensimulationen zu erschaffen, wird sie Bostroms Hypothese zufolge viele solcher Simulationen durchführen. Somit erschafft eine physische Zivilisation viele Ahnensimulationen, von denen manche sich selbst so weit entwickeln werden, eigene Simulationen erschaffen zu können.

Aus Sicht der Wahrscheinlichkeitslehre ist es nach dieser Hypothese somit unwahrscheinlich, dass wir in einer physischen Welt leben. Es ist nur dann statistisch wahrscheinlich, dass wir in einer physischen Welt leben, wenn alle oder fast alle physischen Zivilisationen den technologischen Stand, selbst Ahnensimulationen zu erschaffen, nicht erreichen, weil sie sich davor selbst vernichten, und es deshalb im Universum mehr physische als simulierte Zivilisationen gibt.

Die finale Schlussfolgerung: Wir existieren wahrscheinlich in einer Simulation oder werden uns wie andere Zivilisationen vor dem Erschaffen der Simulationen selbst vernichten. Die Möglichkeit, dass wir die Ersten sind, die Simulationen erschaffen werden, ist zwar nicht ausgeschlossen, aber sehr unwahrscheinlich.

Im Folgenden möchte ich einige weitere Überlegungen zeigen, die unser Weltbild stark beeinflussen, sollte die Simulationshypothese zutreffen.

Gab es unsere Geschichte und gibt es dunkle Materie?

Wir wissen nicht, ob es unsere Menschheitsgeschichte tatsächlich gab oder die Simulation zu einem späteren Zeitpunkt begann und unser Geschichtswissen samt archäologischer Funde auf festgesetzten Startdaten der Simulation basiert. Vielleicht ist ein Teil unserer Geschichte nur eine Illusion.

Wann unsere Simulation gestartet wurde und welchen Zweck sie hat, können wir kaum beurteilen. Die Erschaffer könnten sie aus wissenschaftlicher Neugier oder für Unterhaltungszwecke betreiben. Sie könnten eine Simulation zum Zeitpunkt des Urknalls starten oder erst im Mittelalter und die davor liegende Geschichte, also die Antike und frühere Epochen, als festgelegte Startdaten wählen, ohne dass die Simulation je die Antike durchlaufen hat.

Des Weiteren wissen wir nicht, ob das Universum wirklich so ist, wie wir es messen. Wir können nicht sagen, ob es wirklich dunkle Materie und dunkle Energie gibt und ob das Universum so groß ist, wie wir bisher annehmen. Vieles kann simuliert sein, wenn unsere Wahrnehmung von Computerprogrammen beeinflusst wird.

Phänomene in der Quantenphysik werden plausibel

Die Unschärfe in der Quantenphysik (siehe zum Beispiel die Heisenbergsche Unschärferelation) wäre im Zusammenhang mit der Simulationstheorie plausibel. Denn selbst ein zukünftiger Supercomputer kann nicht unendlich schnell rechnen, um unendlich genau zu simulieren. Deshalb wäre eine Unschärfe im Mikrokosmos ein eleganter Trick.

Gleiches gilt auch für das Phänomen, dass Quanten sich erst zum Zeitpunkt der Messung für eine Ausprägung ihrer Eigenschaften wie dem Spin entscheiden: Der Computer muss diese Entscheidung erst treffen, wenn es jemanden gibt, der die Beobachtung durchführt und sich für das Teilchen interessiert. Das ähnelt prinzipiell der bereits erwähnten Technologie Occlusion Culling in Videospielen.

Auch die Begrenzung der Lichtgeschwindigkeit, die mit etwa 300.000 km/s im Verhältnis zum Radius des beobachtbaren Universums von etwa 46 Milliarden Lichtjahren sehr gering ist, ist danach plausibel. Denn so kann der Supercomputer die Datenrate bei Messungen von kosmischen Ereignissen durch Beobachter wie uns Menschen elegant begrenzen.

Genau wie Nick Bostrom mit seiner Simulationstheorie gehen auch andere Wissenschaftler davon aus, dass Leben nicht zufällig entstanden ist. Sie legen aber andere Annahmen zugrunde. Eine solche Hypothese ist der kosmische Imperativ.

part5:

Leben ist Information

Laut der Hypothese des kosmischen Imperativs erschafft das Universum gezielt Leben, weil Leben eine Form von verdichteten Informationen ist und Informationen zusammen mit Materie und Energie die Fundamente des Universums sind.

Die Hypothese stammt im Gegensatz zu der Simulationshypothese nicht von Philosophen oder Informatikern, sondern von Astrophysikern und Astrobiologen, die sich der Philosophie und Informatik bedienen. Die Idee entstand dadurch, dass durch den Maxwell-Dämon, der später noch ausführlich erklärt wird, ersichtlich wurde, dass Informationen ein Fundament des Universums sind.

Lange Zeit dachte man, das Universum bestehe ausschließlich aus Materie und Energie und diese seien ineinander umwandelbar. Materie ist verdichtete Energie und Energie kann aus Materie gewonnen werden, zum Beispiel in Fusionsprozessen von Wasserstoff zu Helium in der Sonne. Energie kann auch zu Materie verdichtet werden, was beispielsweise bei der Fusion von bestimmten Atomen bei der Bildung von Elementen passiert, die schwerer als Eisen sind. Denn hier wird bei der Fusion mehr Energie aufgewendet, als frei wird. Dagegen waren Informationen lange kein Thema der Physik; sie waren etwas Ungreifbares und nur dazu da, Energie und Materie beziehungsweise deren Verhalten zu beschreiben.

Doch der Maxwell-Dämon zeigt, dass Informationen in Arbeit (physikalisch ist Arbeit auch Energie) umgewandelt werden können. Somit sind Informationen etwas Fundamentales im Universum. Wenn das Universum auch aus Informationen besteht und man die informationsgenerierenden Prozesse bei der Entstehung und Evolution von Leben betrachtet, folgt: Informationen sind vielleicht nicht nur ein Bestandteil des Universums, sondern das Universum begünstigt oder fördert deren Entstehung aus irgendeinem Grund. Daraus erweitert sich die gesamte Physik und Kosmologie um eine weitere Hauptkomponente – und dadurch verändert sich unser Weltbild massiv.

Zu den Pionieren dieser Denkrichtung zählt der Physiker Erwin Schrödinger, der ein Mitbegründer der Quantenphysik war und 1933 für seine nach ihm benannte Gleichung den Nobelpreis erhielt. Die meisten kennen ihn durch Schrödingers Katze. Weiterführende Überlegungen stammen von Paul Davies, einem britischen Physiker, Astrobiologen und Professor an der Arizona State University. Anfang 2019 erschien sein Buch The Demon in the Machine: How Hidden Webs of Information Are Finally Solving the Mystery of Life.

Doch die ersten Ansätze sind schon viel älter. Der Maxwell-Dämon ist ein im Jahre 1871 publiziertes Gedankenexperiment des schottischen Physikers James Clerk Maxwell. Es legt die Vermutung nahe, dass Informationen ein Fundament des Universums bilden und gleichwertig mit Materie und Energie betrachtet werden sollten.

part6:

Der Dämon braucht nur Informationen

Das Gedankenexperiment zum Maxwell-Dämon gibt es in mehreren Varianten, aber es geht prinzipiell wie folgt: Man stelle sich eine mit einem Gas gefüllte Box vor. Das Gas hat eine bestimmte Durchschnittstemperatur. Nun ist es wichtig zu wissen, dass Temperatur physikalisch betrachtet die mittlere kinetische Energie der Teilchen eines Körpers beziehungsweise Gases ist. Je schneller sich die Moleküle bewegen, desto höher ist die Temperatur. Die Temperatur selbst ist jedoch nur die mittlere kinetische Energie der Moleküle. Manche Moleküle sind deutlich langsamer als der Durchschnitt, manche sind deutlich schneller.

Nun stelle man sich vor, dass diese mit Gas gefüllte Box in der Mitte durch eine Wand in zwei gleich große Kammern geteilt ist. Diese Trennwand hat eine mikroskopisch kleine Tür, durch die immer nur genau ein Molekül auf einmal durchfliegen kann, sofern die Tür geöffnet ist. Wenn die Tür geschlossen ist, kommt kein Molekül durch.

Als Nächstes stelle man sich vor, dass ein mikroskopischer Dämon als Wächter bei der Tür steht. Es ist wichtig zu verstehen, dass der Dämon hier nicht böse oder gut ist, der Begriff sollte hier also moralisch nicht bewertet werden. Er ist eine intelligente Existenz. Seine Aufgabe ist es, die linke Seite der Box zu kühlen und die rechte Seite der Box heißer zu machen. Das macht er, indem er ein Molekül, das von der rechten Seite zufällig auf die Tür zufliegt, dann zur linken Seite durchlässt, wenn es langsamer als der Durchschnitt aller Moleküle ist. Analog lässt er ein Molekül, das von der linken Seite zufällig auf die Tür zufliegt, dann zur rechten Seite durch, wenn es schneller als der Durchschnitt aller Moleküle ist. Damit wird mit der Zeit die linke Kammer immer kälter und die rechte Kammer immer heißer.

Der Dämon bringt das Zweite Gesetz der Thermodynamik ins Wanken

Der Dämon braucht hierzu nur die Information über die Geschwindigkeit der einzelnen Teilchen, aber er muss keine Arbeit verrichten, hat also keinen Energiebedarf. Das Öffnen und Schließen der Tür erfordert in einem idealen System keine Arbeit, weil man die Energie beispielsweise mit einem geschickten Pendel- oder Federmechanismus bewahren kann. Sofern es keine Reibung gibt, und Reibung ist in der Physik in einem idealen System keine Notwendigkeit, kann das Öffnen und Schließen der Tür ohne Energiebedarf verrichtet werden.

Somit bleibt die Feststellung: Der Dämon benötigt nur Informationen, um die Entropie zu bekämpfen und das Zweite Gesetz der Thermodynamik ins Wanken zu bringen. Dieses besagt, dass in einem geschlossenen System die Entropie zunimmt oder allenfalls gleich bleibt, aber nie abnimmt. Falls das Universum als Ganzes ein geschlossenes System ist, so nimmt auch in ihm die Entropie mit der Zeit zu.

Nachfolgende Experimente und Forschungen zeigten, dass das Zweite Gesetz der Thermodynamik doch nicht verletzt wird, denn der Dämon erzeugt Informationen, wann immer er ein Teilchen nach seiner Geschwindigkeit bewertet und eine Entscheidung trifft. Das Speichern dieser Informationen ist zwar aus energetischer Sicht kostenlos, aber das spätere Löschen des Speichers, wenn er irgendwann voll ist, erfordert Energie von außen – somit nimmt die Entropie doch wieder zu. Dies zu erklären, wäre an dieser Stelle zu ausufernd, aber der interessierte Leser kann die wissenschaftlichen Erklärungen in diesem Artikel von Eric Lutz und Sergio Ciliberto nachlesen.

Auch wenn das Zweite Gesetz der Thermodynamik durch den Maxwell-Dämon vielleicht doch nicht verletzt wurde, so wird ersichtlich, dass wenigstens temporär, nämlich bis zum Löschen des Speichers, mit Informationen die Entropie verringert werden kann und dass Informationen den Zustand der Welt direkt verändern können.

Welche Rolle spielt diese Erkenntnis für das Leben?

part7:

Lebensformen sind Systeme mit hoher Informationsdichte

Lebensformen haben eine viel höhere Informationsdichte als die anorganische Materie, die uns umgibt. Diese hohe Informationsdichte findet man in der komplexen Struktur von Proteinen und Zellen, in den Formen (der Morphologie) von Lebensformen, in den komplexen Stoffwechselprozessen und deren Regelwerken sowie in den Speichermedien DNA und RNA. Lebewesen bekämpfen in ihrem Inneren die Entropie, indem sie Energie aufwenden und kontrolliert Stoffwechselprozesse mit der Außenwelt betreiben.

Spinnt man diese Idee weiter, so kommt man zu der interessanten Folgerung: Wenn Informationen ein Fundament des Universums bilden und Lebensformen hochverdichtete Informationssysteme darstellen, dann könnte es auch sein, dass es ein Naturgesetz oder gar eine Intelligenz im Universum selbst gibt, welches oder welche die Entstehung von Leben begünstigt, weil das Universum aus irgendeinem Grund das Ziel haben könnte, Informationen und Systeme mit hoher Informationsdichte zu erschaffen.

Menschen als Schöpfer

Doch es geht noch weiter: Intelligente Lebensformen wie Menschen erschaffen Kultur, Technologie und Organisationen, sie erzeugen also selbst Informationen und ordnen diese in Strukturen. Die kulturelle und technologische Evolution ist mittlerweile viel schneller als die biologische.

Im Rahmen einer Lehrveranstaltung im Jahr 1996 schätzte der Physiker Stephen Hawking die Menge von nützlichen Daten in der humanen DNA auf etwa 100 Milliarden Bits. Das entspricht in etwa 50 belletristischen Büchern. Dagegen beinhaltet eine größere Nationalbibliothek etwa 5 Millionen Bücher, also 10 Billionen Bits. Hawking schätzte, dass die Evolution der Menschen in der DNA durchschnittlich nur circa 1 Bit sinnvolle Veränderung pro Jahr bewirkt. Dagegen gibt es jährlich etwa 50.000 neue Bücher in englischer Sprache, was in etwa 100 Milliarden Bits an neuen Informationen entspricht.

Die Menschheit erfand das Internet und läutete damit den Beginn des Informationszeitalters ein, in welchem sich die Erschaffungs- und Übertragungsraten von Informationen um viele Größenordnungen im Vergleich zum industriellen Zeitalter erhöhten.

Mit zunehmender Speicher- und Rechenleistung von Computern gewinnen auch künstliche Intelligenz und Machine Learning an Bedeutung. Beim Machine Learning erzeugen Computer mit mathematischen beziehungsweise statistischen Algorithmen Informationen und Erkenntnisse aus Daten und dies erfolgt weitgehend selbstständig. Dies gilt in den meisten Fällen aktuell nur eingeschränkt, denn anfangs müssen in vielen Fällen menschliche Data Scientists geeignete Algorithmen wählen, diese geschickt parametrisieren, das Modell trainieren und die Ergebnisse evaluieren.

Unsere Schöpfung wird intelligent

Wir leben in einem Zeitalter, in dem Computer zu lernen beginnen und aus Daten Informationen erschaffen. Das Universum hat aus anorganischer Materie mit geringer Informationsdichte Leben hoher Informationsdichte erschaffen, das sich durch die biologische Evolution weiterentwickeln und höhere Intelligenz hervorbringen konnte, welche wiederum Kultur und Technologie erschuf, die zur Erfindung und dem Siegeszug der Computertechnologie führten, welche wiederum eine noch nie davor dagewesene Informationsdichte in der menschlichen Geschichte generiert. Doch werden Computer auch Bewusstsein hervorbringen können? Lasst uns weiterdenken.

part8:

Bewusstsein schaffen

Sowohl die Simulationstheorie als auch der kosmische Imperativ stoßen Gedanken darüber an, ob sich Bewusstsein tatsächlich erschaffen beziehungsweise simulieren lässt. Ob sich Bewusstsein in Computersystemen manifestieren kann, ist eng verknüpft mit der Frage nach der Gültigkeit des Arguments der Substratunabhängigkeit, also: Braucht ein Bewusstsein ein Trägermedium?

An dieser Stelle sei erwähnt, dass es nicht sicher ist, ob das Gehirn wirklich der Ursprung des Bewusstseins ist. Denkbar wäre auch, dass das Gehirn lediglich eine Empfangs-, Schalt- und Sendeeinheit ist. Das Bewusstsein könnte außerhalb des Körpers existieren und das Gehirn als ein Gerät für die Datenverarbeitung nutzen. Ein großes und langjähriges Projekt, das sich zwar nicht direkt mit diesem Thema beschäftigte, aber untersuchte, ob das Bewusstsein sich auch außerhalb des Gehirns erstrecken kann, ist das Global Consciousness Project der Princeton University, welches erfolgreich nach statistischen Korrelationen zwischen kollektiven Gefühlsausbrüchen von Menschenmengen und dem Output von Zufallsgeneratoren weltweit suchte.

Wir wissen zwar, wie das Gehirn anatomisch aufgebaut ist und aus welchen molekularen Verbindungen es besteht, doch man weiß eigentlich noch nicht, wie Gedanken oder gar das Bewusstsein entstehen. Man kann zwar mittels elektrischer Stimulationen bestimmte Wahrnehmungen und Reflexe hervorrufen, aber dies sagt noch wenig darüber aus, wie komplexe Gedanken entstehen und warum Menschen sich ihrer eigenen Existenz oder wenigstens eines Teils davon bewusst sind.

Quantencomputer könnten den Durchbruch bringen

Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass Lebensformen Effekte der Quantenphysik nutzen und diese sowohl für das Leben selbst als auch für die Entstehung von Intelligenz und Bewusstsein von Bedeutung sind. Dieses Forschungsgebiet ist die Domäne einer sehr jungen Wissenschaft, der sogenannten Quantenbiologie, die in einem guten, wenn auch etwas älteren Artikel von Spektrum.de vorgestellt wird.

Lange Zeit nahm man an, dass quantenphysikalische Effekte nur unter speziellen, streng kontrollierten Bedingungen messbar sind und eine signifikante Rolle spielen. Deshalb arbeiten Quantencomputer bei sehr niedrigen Temperaturen, nämlich nahe dem physikalischen Nullpunkt von 0 Grad Kelvin (etwa -273 Grad Celsius) und sind gegen Einflüsse und natürliche Strahlung von außen gut abgeschirmt. Diese Bedingungen sind eigentlich das Gegenteil des Inneren und der Umwelt von Lebensformen, die für ihren Stoffwechsel Temperaturen von über 0 Grad Celsius benötigen und von außen ständig von Strahlung wie Licht getroffen werden. Jedoch wurden mittlerweile Hinweise auf quantenphysikalische Effekte bei mehreren Lebensformen und Stoffwechselprozessen gefunden, von denen zwei auch in dem Artikel von Spektrum.de genannt werden.

Der vielleicht wichtigste Einfluss der Quantenphysik auf das Leben ist deren Bedeutung für die Photosynthese, welche die Grundlage fast allen Lebens auf der Erde ist. Die Sonne ist die primäre Energiequelle für die Erde. Durch Photosynthese können Pflanzen und bestimmte Bakterien Energie in Form von Licht in chemische Energie beziehungsweise Energieträger wie Zucker umwandeln. Dadurch entsteht die Nahrungsgrundlage für fast alle Lebensformen auf der Erde.

Die Bedeutung der Quantenphysik für die Photosynthese wurde von Elisabet Romero und ihren Kollegen im Artikel Quantum Coherence in Photosynthesis for Efficient Solar Energy Conversion beschrieben. Zusammenfassend kann man sagen, dass ohne quantenphysikalische Effekte die Effizienz der Photosynthese um ein Vielfaches geringer wäre, als sie es tatsächlich ist, und somit Leben auf der Erde kaum oder nur in geringem Umfang möglich wäre. Quantenphysikalische Effekte könnten auch beim Geruchssinn eine Rolle spielen, weil dieser Sinn anscheinend nicht nur nach dem früher gelehrten Schlüssel-Schloss-Prinzip sondern auch nach dem quantenphysikalischen Vibrationsmodell funktioniert (Video).

Roger Penrose, Mathematiker und Physiker, der zusammen mit Stephen Hawking das Buch The Nature of Space and Time schrieb, ist der Meinung, dass klassische Computer kein Bewusstsein hervorbringen könnten, weil dieses im Gehirn quantenphysikalische Effekte benötige. Sogenannte Mikrokanälchen, die sich im Inneren von Neuronen befinden, seien klein genug, um quantenphysikalische Effekte zu erfahren. Diese seien notwendig, damit Bewusstsein entstehen könne. Einen Überblick zu diesem Thema liefert ein Artikel von Business Insider.

part9:

Sind Informatiker vom Universum gewollt?

Falls Penrose Recht hat, so müssen wir uns mindestens bis zur Verfügbarkeit leistungsfähiger Quantencomputer gedulden, um zu sehen, ob Computer Bewusstsein hervorbringen können. Dies könnte schon in einigen Jahrzehnten so weit sein und dadurch eine weitere Entwicklungsstufe der kosmischen Direktive “Erschaffe Leben, erschaffe Informationen!” verwirklicht werden.

Dennoch bleibt die Frage unbeantwortet, wieso das Universum Informationen und Leben erschafft. Denkbar wäre, dass das Universum doch eine Simulation ist, die von jemandem oder etwas erschaffen wurde. Die Hypothese des kosmischen Imperativs steht nicht im Widerspruch zu der Simulationshypothese. Ob ein physisches oder simuliertes Universum bestrebt ist, Systeme hoher Informationsdichte und somit auch Leben, Computersysteme, das World Wide Web, virtuelle Welten, künstliche Intelligenz und so weiter zu erschaffen, spielt hier keine große Rolle. Alternativ wäre auch möglich, dass das Universum eine Art Lebensform oder Intelligenz ist und wir Bestandteile dieses Wesens sind.

Wenn die kosmische Direktive zutrifft, dann wäre es vorstellbar, dass es als besonders edle Berufung angesehen werden könnte, Informatiker zu sein. Informatiker entwickeln und pflegen Systeme, die Daten erzeugen, verarbeiten, speichern und analysieren. Wenn das Universum das Ziel hat, Systeme mit hoher Informationsdichte zu erschaffen, dann könnte man den Informatiker als einen Ingenieur des Universums betrachten, einen Ausführer des Willens des Kosmos!

Miroslav Stimac ist Informatiker, promovierter Wirtschaftswissenschaftler und aktuell Teilzeitstudent der Astronomie. Er arbeitet seit 2004 als Entwickler mit branchenübergreifender Projekterfahrung, hauptsächlich in Business Intelligence, Data Science und Statistik. Seine fachlichen Interessenschwerpunkte sind Astronomie, Japanologie, Konsumforschung und Robotik.

quelle: https://www.golem.de/news/astrobiologie-woher-kommen-das-leben-das-universum-und-der-ganze-rest-1909-143279.html